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Der Etatismus beruht in Wirklichkeit auf einem Non sequitur

Dieser Artikel ist bereits am 23. März 2022 bei Mises.org unter dem Titel erschienen «The Statist ‘Sollution’ Really Is a Non Sequitur». Übersetzt von Johannes Beifuss.

Ein Non sequitur ist ein grundlegender, aber häufiger logischer Fehlschluss, der auftritt, wenn eine vermeintliche Schlussfolgerung nicht zwingend aus der vorherigen Argumentation folgt. Im Lateinischen bedeutet der Ausdruck «non sequitur» wörtlich «es folgt nicht». Ein Non sequitur ist einfach eine unberechtigte Schlussfolgerung. Es wird angenommen, dass es eine Verbindung zwischen Argumenten und einer Schlussfolgerung gibt, obwohl dies in Wirklichkeit nicht der Fall ist.

Dieser Denkfehler ist häufig und leichter zu begehen, als wir gerne zugeben möchten. Zwischen etwas, das in unserer Argumentation für uns offensichtlich zusammenhängt, gibt es womöglich gar keinen Zusammenhang. Das Non sequitur ist eine Teilmenge des Trugschlusses  «begging the question» (Zirkelbeweis) oder des einfachen Zirkelschlusses – wenn ein Argument oder eine Aussage willkürlich das vorwegnimmt, was es eigentlich beweisen will. Der logische Fehler beim begging the question, Non sequiturs eingeschlossen, ist nicht, dass etwas falsch oder inkonsistent ist, sondern dass es unbegründet ist.

Dieser Denkfehler ist häufig und leichter zu begehen, als wir gerne zugeben möchten. Zwischen etwas, das in unserer Argumentation für uns offensichtlich zusammenhängt, gibt es womöglich gar keinen Zusammenhang.

Was ist das Etatistische-non-sequitur?

Das Etatistische-non-sequitur geht einher mit der Existenz eines Problems, gefolgt von der angeblichen Lösung: Etatismus. Typischerweise erfolgt das Etatistische-non-sequitur in Form einer Aussage oder einer Fangfrage, die die Notwendigkeit einer vom Staat erzwungenen «Lösung» als offensichtliche und einzige Schlussfolgerung voraussetzt.

Das erste und wichtigste Beispiel dafür ist die willkürliche Rechtfertigung des Staates im Allgemeinen. Am schönsten ausgedrückt von James Madison:

Wenn Männer Engel wären, wäre keine Regierung notwendig.

Diese oft zitierte Aussage, so klug sie auch erscheinen mag, löst das Problem nicht, sondern verlagert es nur. Angesichts der menschlichen Neigung zu Verirrungen und Korruption ist eine externe Verantwortlichkeit erforderlich, aber die ungerechtfertigte Schlussfolgerung ist, dass diese externe Verantwortlichkeit gegenüber dem politischen Staate sein müsste – einer Entität, die von Menschen gleicher Art betrieben wird, die auch noch über politische Macht verfügen. Wenn das, was Madison über Menschen sagt, wahr ist, ist seine Schlussfolgerung nach seinen eigenen Maßstäben wohl noch übler. Dies ist der Kernausgangspunkt des Etatistischen-non-sequiturs, das eine Vielzahl von Varianten hat.

Wenn das, was Madison über Menschen sagt, wahr ist, ist seine Schlussfolgerung nach seinen eigenen Maßstäben wohl noch übler.

Madison begriff das. Er räumte ein, dass es ein offensichtliches Problem mit einer Herrschaft von «Menschen über Menschen» gebe. Das Problem ist, dass Madison glaubte, dass die Regierung die Regierten kontrollieren und sich dann selbst kontrollieren könnte. Das unausweichliche Dilemma besteht darin, dass der Mangel an Selbstbeschränkung der Menschen, der angeblich den Staat überhaupt erst notwendig macht, nicht verschwindet, wenn politische Macht hinzugefügt wird.

Staat und Monopol

Die nächste und eng damit verbundene Spielart dieses Trugschlusses ist die Frage nach dem Monopol. Das Problem, das sich stellt, ist die Existenz eines Monopols, und die angebliche «Lösung» ist die Anwendung der Staatsmacht. Auch hier wird das Problem nicht gelöst, sondern bloß verlagert. Der Staat ist ein Monopolist, daher beinhaltet die angebliche Lösung den Kern des Problems. Dies zeigt die Ungültigkeit der Argumentation auf, aber der Aspekt des unberechtigten Fehlschlusses ist der unlogische Schritt vom Problem des Monopols zur Lösung dieses Problems durch einen Staat. Die Funktion einer zivilgesellschaftlichen regulierenden Autorität ist nicht identisch mit einem monopolistischen politischen Staat; also folgt auch nicht zwangsläufig, dass ein Staatsmonopol eine Lösung für das Monopolproblem ist.

Der Staat ist ein Monopolist, daher beinhaltet die angebliche Lösung den Kern des Problems.

Wie häufig der Fehler des einfachen Zirkelschlusses im Allgemeinen ist und wie verbreitet das Etatistische-non-sequitur im Besonderen, zeigt sich an einer Vielzahl von Beispielen. Ich behaupte, dass das Etatistische-non-sequitur in all seinen verschiedenen Formen der häufigste Denkfehler ist, mit dem Libertäre zu tun haben, und wenn wir es erkennen können, können wir es leichter als das Nicht-Argument identifizieren, welches es ist. Es kommt so häufig vor, weil Zirkelschlüsse verbreitet sind und das moderne Nationalstaatsmodell nach Hobbes seit Jahrhunderten das Standardverständnis von Regierung ist; deswegen ist das Etatistische-non-sequitur so geläufig.

Das umgekehrte Etatistische-non-sequitur

Das Etatistische-non-sequitur kann auch umgekehrt funktionieren – die Annahme, dass ohne Etatismus ein wichtiger Dienst nicht existieren könnte oder würde oder etwas «zu knapp» wäre. Jeder Libertäre hat die abgedroschenste negative Version des Etatistischen-non-sequiturs schon gehört:

Wer würde ohne Regierung die Straßen bauen?

Es ist verblüffend, dass es einfacher war, Menschen davon zu überzeugen, ihre Kinder zum Töten und Sterben in Kriege zu schicken, exorbitante Steuern zu zahlen, unbezahlbare Staatsschulden zu schultern und wie gelähmt kriminelles Verhalten politischer Eliten zu beobachten, als die Menschen davon zu überzeugen, dass Straßen auch ohne den Staat gebaut werden könnten.

Es ist verblüffend, dass es einfacher war, Menschen davon zu überzeugen, ihre Kinder zum Töten und Sterben in Kriege zu schicken, exorbitante Steuern zu zahlen, unbezahlbare Staatsschulden zu schultern und wie gelähmt kriminelles Verhalten politischer Eliten zu beobachten, als die Menschen davon zu überzeugen, dass Straßen auch ohne den Staat gebaut werden könnten.

Das Etatistische-non-sequitur wird sogar noch weitergetrieben: Wenn jemand einen Aspekt staatlichen Handelns kritisiert, der überhaupt nichts mit Straßen zu tun hat, benutzt man es oft als Rechtfertigung für den Staat. Was haben Straßen mit dem Irakkrieg zu tun? Was hat die Zentralbank mit der örtlichen Feuerwehr zu tun? Nur weil wir das alles mit Steuern finanzieren müssen – mit der Sache, die diese staatlichen Dienste und Handlungen verbindet – und nur weil wir Straßen benutzen, bedeutet das nicht, dass wir kriminelle Handlungen des Staates implizit akzeptieren müssten. Daraus folgt auch nicht, dass es ohne Regierung keine Straßen geben könnte oder würde.

Frédéric Bastiat erkannte das Etatistischen-non-sequitur bei den französischen Sozialisten seiner Zeit:

Der Sozialismus, wie der alte Grundsatz, von dem er ausgeht, verwechselt Staat und Gesellschaft. Daher kommt er jedes Mal, wenn wir Einwände dagegen haben, dass eine Sache vom Staate getan wird, zu dem Schluss, dass wir dagegen sind, dass sie überhaupt getan wird. Wir missbilligen staatliche Bildung – dann sind wir gegen Bildung insgesamt. Wir lehnen eine Staatsreligion ab – dann hätten wir überhaupt keine Religion. Wir lehnen eine Gleichheit ab, die vom Staat herbeigeführt wird, dann sind wir gegen Gleichheit usw. usf. Sie könnten uns genauso gut vorwerfen, dass wir wünschten, die Menschen mögen nicht essen, nur weil wir gegen den Anbau von Getreide durch den Staat sind. (Hervorhebung hinzugefügt)

Bastiat identifizierte mehrere Fehler in diesem Denken. Er stellte fest, dass «Regierung» und Staat nicht gleich «Gesellschaft» sind. Tut man so, als ob, dann kann man vom positiv belegten Konzept der «Gesellschaft» – freier und friedlicher menschlicher sozialer Interaktion und Kooperation – profitieren, um den Staat zu rechtfertigen. Murray N. Rothbard wies auf den gleichen Fehler in der Logik hin: «Das große Non sequitur, das von Verteidigern des Staates begangen wurde … ist es, von der Notwendigkeit der Gesellschaft zur Notwendigkeit des Staates zu springen.» (Rothbard, Ethics of Liberty, S. 187).

[Frédéric Bastiat] stellte fest, dass «Regierung» und Staat nicht gleich «Gesellschaft» sind.

Konfrontiert mit dem Etatistischen-non-sequitur, versucht man häufig, ein ganzes Bündel theoretischer und / oder praktischer Ideen darüber zu erklären, wie in Abwesenheit des Staates etwas bereitgestellt werden könnte (z. B. Straßen, Sicherheitsdienste, Polizei, Gerichte, Geld, Versorgung der Armen, Betreuung von Kindern usw.), anstatt das Etatistische-non-sequitur als das zu entlarven, was es wirklich ist – ein Trugschluss. Während es durchaus kreative Antworten auf die Fragen der Bereitstellung dieser Güter und Dienstleistungen ohne den Staat gibt, sollten die falschen Voraussetzungen nicht ignoriert werden. Bevor Sie beginnen, eine umfangreiche Verteidigung aufzubauen, um zu zeigen, wie etwas in Abwesenheit des Staates immer noch funktionieren könnte, sollten Sie auf den logischen Fehlschluss hinweisen.

Bevor Sie beginnen, eine umfangreiche Verteidigung aufzubauen, um zu zeigen, wie etwas in Abwesenheit des Staates immer noch funktionieren könnte, sollten Sie auf den logischen Fehlschluss hinweisen.

Darüber hinaus beschränkt das Etatistische-non-sequitur für die Involvierten auch die Möglichkeit, sich etwas vorzustellen. Nur weil sich jemand nicht vorstellen konnte, wie etwas bereitgestellt werden könnte oder würde, folgt daraus nicht zwangsläufig, dass es undenkbar ist. Zum Beispiel hätte jemand vor einem Jahrzehnt sagen können: «Ich kann mir nicht vorstellen, wie es irgendeine Art von Weltraumprogramm ohne NASA geben könnte.» Ob sich das jemand vorstellen kann oder nicht, hat nichts damit zu tun, ob es tatsächlich möglich ist oder nicht. Die Menschen akzeptieren dies normalerweise, wenden es aber nicht konsequent auf den Staat an. Aus «Ich kann mir nicht vorstellen, wie … », folgt logisch nicht «Deshalb muss der Staat … ». Das Etatistische-non-sequitur geht weiter, als nur anzunehmen, dass etwas ohne staatlichen Zwang unmöglich ist. Oft, wenn sich jemand nicht vorstellen kann, wie eine Sache ohne den Staat funktionieren würde, geht er davon aus, dass es notwendigerweise vom Staat getan werden muss.

Aus «Ich kann mir nicht vorstellen, wie … », folgt logisch nicht «Deshalb muss der Staat … ».

Das ist eine gefährliche Annahme. Unwissenheit ist kein Verbrechen. Es ist völlig in Ordnung zuzugeben, nicht zu wissen, wie viele Dinge funktionieren würden oder wie etwas, das noch nicht erstellt oder umgesetzt wurde, funktionieren würde. Es ist sogar verzeihlich, fälschlicherweise anzunehmen, dass etwas, das noch nicht getan wurde, unmöglich sein könnte (z. B. die Landung des Menschen auf dem Mond aus der Sicht der Menschen in den 1800er Jahren). Die Gefahr des Etatistischen-non-sequiturs besteht darin, dass Unwissenheit oder mangelnde Vorstellungskraft über Möglichkeiten zwar anerkannt wird, dann aber willkürlich davon ausgegangen wird, dass die Anwendung irgendeiner Form von Zwang und Gewalt durch den Staat die einzige Lösung ist.

Die Gefahr des Etatistischen-non-sequiturs besteht darin, dass Unwissenheit oder mangelnde Vorstellungskraft über Möglichkeiten zwar anerkannt wird, dann aber willkürlich davon ausgegangen wird, dass die Anwendung irgendeiner Form von Zwang und Gewalt durch den Staat die einzige Lösung ist.

Beispiele – Erkennen Sie das Etatistische-non-sequitur?

Unabhängig davon, ob die erste Aussage oder Prämisse korrekt ist oder nicht, beinhaltet der Non-sequitur-Trugschluss eine ungerechtfertigte oder willkürliche Schlussfolgerung aus der Prämisse. In einem Non-sequitur-Trugschluss hat die Prämisse, wahr oder nicht, keine notwendige Verbindung zur Schlussfolgerung. Das Problem liegt in der Regel im «deshalb». Im Folgenden finden Sie einige Beispiele (viele weitere könnten hinzugefügt werden), deren Prämissen oder Anliegen mehr oder weniger Sympathie erwecken können, die jedoch alle eine Form des Etatistischen-non-sequiturs sind. Sehen Sie, ob Sie die Zirkelschlüsse in jedem Beispiel erkennen können, in dem Etatismus als Lösung angenommen wird.

«Ich sorge mich um das Wohl der Kinder und armer Menschen. [Daher der Wohlfahrtsstaat.]»

«Aber haben wir nicht die Pflicht, den Armen zu helfen?»

«Gesundheitsversorgung ist ein Recht. [Daher soll sie vom Staat verwaltet werden.]»

«Die freie Meinungsäußerung hat Grenzen; zum Beispiel kann man in einem überfüllten Theater nicht ‘Feuer!’ schreien.»

«Sie wollen keine Steuern zahlen? Ziehen Sie nach Somalia.»

«Es muss jemanden geben, der Sicherheits- und Qualitätsstandards festlegt.»

«Der Kapitalismus ist von Natur aus instabil. [Daher ein Zentralbankmonopol]»

«[Assad, Saddam Hussein, Diktator X] setzte Giftgas gegen sein eigenes Volk ein. [Darum Krieg und der Kriegsführungsstaat].»

«Also sollten wir einfach nichts tun?»

«Was ist mit Amerikas Verbündeten?»

«Wie sonst wäre Hitler gestoppt worden, wenn nicht durch den Krieg? [Daher, weil die gegenwärtige Situation mit Hitlers militärischen Angriffskriegen vergleichbar ist, müssen die Vereinigten Staaten militärisch eingreifen.]»

«Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der die Menschen gebildet sind, und vielen Eltern fehlen die Möglichkeiten hierzu. [Daher muss der Staat Steuern erheben, um öffentliche Zwangs-Schulsysteme zu finanzieren].»

«[Fangfrage:] Sie wollen also nicht, dass die Leute gebildet sind?»

«Wir leben in einer Gesellschaft!»

«Amerika ist systemisch rassistisch. [Daher muss den politischen Eliten mehr Macht eingeräumt werden, um dieses Problem anzugehen.]»

«Wie sonst hätten wir Parks?»

«Die Existenz von Milliardären ist ein politisches Versagen.»

«Wir brauchen eine Regierung, die den Kapitalismus reguliert, Sicherheits- und Qualitätsstandards aufrechterhält und Monopole verhindert.»

«Folgen Sie der Wissenschaft.»

«Wenn es Ihnen nicht gefällt, gehen Sie!»

«Sie zahlen Steuern!”

«Sie nutzen staatliche Dienste!»

«Sie halten sich an die Gesetze!»

«Ich dulde es nicht, dass Leute X machen.»

«Es sollte ein Gesetz gegen X geben!»

In einem Non-Sequitur-Trugschluss hat die Prämisse, wahr oder nicht, keine notwendige Verbindung zur Schlussfolgerung. Das Problem liegt in der Regel im «deshalb».

Zusammenfassung

Es ist zu hoffen, dass es offensichtlich ist, wie weit verbreitet es ist, Etatismus als eine Art vorgegebenen Grundzustand anzusehen oder die Notwendigkeit des Etatismus als eine unausgesprochene Voraussetzung anzunehmen. Zirkelschlüsse – von denen das Non sequitur eine Unterkategorie ist – sind wohl die häufigsten logischen Fehler, und da das moderne Nationalstaatsmodell von Hobbes seit etwa vier Jahrhunderten der Standard ist, ist es nicht verwunderlich, dass dieser logische Fehler sich mit dem Etatismus gepaart hat und sich so das Etatistische-non-sequitur gebildet hat. Jedoch muss dieses als trügerischer und sogar gefährlicher Denkfehler verworfen werden.

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