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COVID-19 – Auslegeordnung

In den vergangenen Tagen habe ich mich immer wieder gefragt, “wo besteht eigentlich das Problem?” Zu oft habe ich das Gefühl, dass viele Experten, Medien und Politiker mit den Zahlen ein Durcheinander haben und so mehr zur Verwirrung als zur Klärung beitragen. Deshalb hier der Versuch einer strukturierten Aufschlüsselung.

Eine Bitte an alle Leser: Ich suche Quellen (Webseiten, Videos [mit Minutenangabe], Interviews, etc.), welche meine Fragen entweder beantworten oder mit Zahlen unterlegen. Danke für die Zustellung. Gerne arbeite ich diese in den Text ein. 

Ausgangslage: Die alljährliche Grippewelle
Haben wir signifikant mehr Grippefälle als sonst?

Die Schweiz verfügt über ein Meldesystem für Influenzaverdachte, das “Sentinella-Meldesystem”. Wöchentlich werden die gemeldeten, grippeähnlichen Erkrankungen registriert.

 

“Grippeähnliche Erkrankungen treten in unseren Breitengraden saisonal auf. Bisher konnte jeden Winter eine Grippewelle festgestellt werden. Von Jahr zu Jahr variieren aber deren Intensität, die Länge, die Art der zirkulierenden Virenstämme und die Auswirkungen auf die Bevölkerung. Um die Bevölkerung und die Ärzteschaft rechtzeitig über das Auftreten bzw. Eintreffen der Grippewelle und die Abdeckung durch die Grippeimpfstoffe informieren zu können, erstattet das BAG zwischen Oktober und April wöchentlich Bericht und gibt eine Risikobeurteilung ab.

Der Höhepunkt der Grippewelle 2019/20 ist in der Woche 6/2020 mit 329 Grippeverdachtsfällen pro 100 000 Einwohner aufgetreten. Die Inzidenz begann in der Woche sieben zu sinken.”

bag.admin.ch – 21. März 2020

Zur aktuellen Lage ergänzt das BAG:

Die aktuelle Situation rund um die COVID-19 Pandemie hat Einfluss auf die Datenerhebung für die grippeähnlichen Erkrankungen. Einerseits sind die Symptome von COVID-19 und einer Influenza-Erkrankung ähnlich. COVID-19 kann daher in die Statistik der grippeähnlichen Erkrankungen einfliessen. Andererseits verändert die aktuelle Lage das Verhalten von erkrankten Personen bezüglich Arztkonsultationen, was in der Interpretation der Daten ebenfalls berücksichtigt werden muss. Aus diesem Grund wird die Grippeüberwachung in Sentinella ab Woche 12 [= ab 16. März 2020] mit COVID-19 ergänzt.

bag.admin.ch – 21. März 2020 (Hervorhebung Autor)

Dass erst ab Mitte März COVID-19 ergänzt wird, erstaunt angesichts der schon länger angespannten Lage. Aber lassen wir das mal sein.

Wenn es sich bei COVID-19 um einen besonders aggressiven Virus handeln sollte, müsste sich dies in der Statistik deutlich erkennbar sein. Wie richtig bemerkt, sind die Daten um das aktuelle Verhalten zu korrigieren. Sollten sich die Zahlen nicht deutlich von der normalen Kurve abheben, hätten wir es mit einer Teilmenge der normalen Grippewelle zu tun.

Dazu gibt es Kritik, welche besagt, dass es sich bei COVID-19 nur um eine “Test-Seuche” handelt. Es werden also nicht Kranke gefunden, sondern “Test-Positive-Menschen”.

Die Frage ist also: Haben wir es hier mit einem speziellen Virus zu tun oder wird aus der normalen jährlichen Grippe ein spezielles Virus “herausgetestet”?

Schritt 1: Wer ist bedroht?
Sind alle Menschen gleich von COVID-19 bedroht oder lassen sich Gruppen ausschliessen oder als besonders gefährdet erkennen?Zu berücksichtigen ist hier das oben beschriebene Phänomen, dass hier nur gemessene Fälle aufgeführt sind (oder wie wurde die Zuweisung auf COVID-19 vorgenommen?). Wer sich also nicht testen lässt, erscheint nicht in der Statistik.Zunächst möchte ich wissen, ob alle Bevölkerungsschichten gleich von COVID-19 betroffen sind. Das BAG weist diesbezüglich diese Abbildung aus:

Erkenntnis: Kinder und Jugendliche sind unterdurchschnittlich von COVID-19 betroffen. Im Alter sind Männer gefährdeter als Frauen.

Erkenntnis: Kinder und Jugendliche sind unterdurchschnittlich von COVID-19 betroffen. Im Alter sind Männer gefährdeter als Frauen.

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Vorausgesetzt, dass die Statistik die Realität abbildet, stellt sich mir daher die Frage, wieso Schulen geschlossen werden mussten? Das BAG liefert die Antwort selbst – und sie könnte politischer nicht sein. Die Weltwoche schreibt:

Für grosses Erstaunen sorgte die Aussage von Daniel Koch, dass man die Schulen in erster Linie wegen der besorgten Eltern geschlossen habe, denn die Kinder seien mit Sicherheit nicht die Haupttreiber der Epidemie.

Weltwoche 12/2020

Wie steht es z.B. mit bereits angeschlagenen Personen? Könnte es sein, dass diese das Virus einfacher empfangen als z.B. kerngesunde Personen mit einem gut funktionierenden Immunsystem?

Weitere Auswertungen sind mir nicht bekannt. Gäbe es sie, könnte man sich auf die grossen “Virenschleudern” konzentrieren und andere getrost wieder in die Schule schicken.

Man kann daher den Jungen auch nicht wirklich böse sein, wenn sie sich den Ratschlagen entziehen und nicht zuhause bleiben, sondern weiterhin Party machen. Das BAG sagt ja selbst, dass sie nicht die Treiber sind! So What?


Schritt 2: No-Go Areas
Wie und Wo wird das Virus übertragen?

Mit der Schliessung von Restaurants, Bars, Coiffeursalons, Kleidergeschäfte, etc. und dem Verbot von Veranstaltungen ging der Bundesrat davon aus, dass das Virus bei solchen Gelegenheiten verbreitet wird. Zahlen dazu konnte er keine nennen. Wir wissen also nicht, ob diese Massnahme gerechtfertigt ist oder ob sie nur aus dem “Holen Bauch” heraus erfolgt. Dass dies relevant ist, zeigt der Blick auf den volkswirtschaftlichen Schaden, den der Bundesrat damit verursacht.

Vielleicht ist es ja so, dass das Virus primär im privaten Rahmen, beim Besuch des Nonno aus Italien oder der Geburtstagsparty übertragen wird? Vielleicht würden ja auch die normalen Massnahmen (Hände waschen, Abstand halten, etc.) ausreichen?

Auf jeden Fall wäre das der Moment gewesen, wo man Grenzen hätte schliessen müssen bzw. Grenzübertritte genau hätte prüfen müssen. Ohne negativen COVID-19 Test der letzten 3 Tage wäre niemand mehr über die Grenze bzw. ins Land gekommen. Viel wäre uns erspart geblieben.


Schritt 3: Wenn man’s hat, was hat man dann?
Hat man als COVID-19 infizierter Mensch ein Problem?

In den Medien steigen die Zahlen der infizierten Personen. Angst macht sich breit. Zu Recht? Muss jeder infizierter Mensch sich Sorgen machen, dass er auf der (überlasteten) Intensivstation endet oder sogar stirbt?

Wenn ich mich richtig erinnere, weisen 80% der infizierten Personen eine schwache Ausprägung aus. Viele merken gar nicht, dass die COVID-19 haben (weil sie nicht getestet werden). Bei anderen sind die Symptome sehr ähnlich wie bei einer “normalen” Grippe.

Was offenbar ein Problem ist, ist die Viralität bzw. die Übertragbarkeit. Die kann aber mit ein paar grundlegenden Hygienevorkehrungen eingedämmt werden (Hände waschen, Abstand halten, desinfizieren, Gesichtskontakt meiden).

Das zweite Problem ist die Inkubationszeit, welche mit 14 Tagen erstaunlich lang (?) ist. Während dieser Zeit kann man das Virus weitergeben. Wer 14 Tage nach einer möglichen Ansteckung noch nicht krank wurde, gilt als “sauber” (sonst müsste die Quarantäne verlängert werden). Gibt es eigentlich Viren mit ähnlich langer Inkubationszeit?

Ist man nach diesen 14 Tagen eigentlich immun? Hier scheint es zwei sich widersprechende Aussagen zu geben. Die einen sprechen von “Herdenimmunität” einer Gesellschaft, während die anderen davon sprechen, dass eine Immunität gegenüber COVID-19 nicht möglich sei.

Offenbar ist auch eine Impfung verfügbar (die in Dänemark obligatorisch ist). Also nochmals: Ist Immunität möglich oder nicht?


Schritt 4: Houston, I have a problem!
Welche kranken Personen werden in die Spitäler eingewiesen?

“Flatten the Curve!” Es geht also darum, dass das sehr staatsnahe Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Der Staat verteidigt mit seinen Massnahmen also sein eigenes System. Das gilt es im Hinterkopf zu behalten.

Interessanterweise finde ich kaum Zahlen über die an die Spitäler überwiesenen Patienten, welche auf COVID-19 positiv getestet wurden. Wir hören zwar immer wieder, wie nahe an der Kapazitätsgrenze die Spitäler arbeiten, aber kaum, ob die Situation primär wegen COVID-19 eingelieferter Patienten entstanden ist. Ich möchte also gerne folgende Fragen beantwortet haben:

  • Wie hoch beträgt die grundsätzliche “Überkapazität” (oder Reserve) in den Spitälern (schweizweit)? Wurde diese allenfalls in den letzten Jahren aus finanziellen Gründen reduziert?
  • Wie viele COVID-19 Patienten werden täglich in die Spitäler eingewiesen?
  • Lassen sich die Patienten einer Gruppe (Alte, Junge, Männer, Frauen, Vorbelastete) zuweisen und lässt sich daraus ein Muster ableiten, welche Bevölkerungsschichten speziell zu schützen sind?
  • Welches sind die im Zusammenhang mit COVID-19 geforderten Behandlungen sowie die dazu nötigen (kritischen) Mittel?
  • Wie lange bleiben die COVID-19-Patienten im Schnitt?
  • Wie viele (genesene) Patienten werden täglich aus den Spitälern entlassen?
  • Wie viele der einst eingewiesenen Patienten können das Spital (mehr oder weniger) gesund verlassen?
  • Wie hoch beträgt die Auslastung der Spitäler aktuell?
  • Für wie viele Tage reichen diese Mittel bei gleichbleibender Belastung?

Hier besteht eine Unterversorgung an Datenmaterial.


Schritt 5: Wenn der Tod früher kommt
Welche Bevölkerungsgruppe sterben wegen COVID-19?

Hier wissen wir, dass fast alle ausgewiesenen COVID-19-Todesfälle bei alten und/oder gesundheitlich vorbelasteten Personen auftreten. Deshalb sollen Personen über 65 Jahre auch zuhause bleiben und sich einer Selbst-Quarantäne unterstellen. Das ist so einfach verständlich, dass es sogar die Politik versteht.

Dabei wird nicht ausgewiesen, ob der Tod wegen COVID-19 eintritt oder wegen eines anderen Gebrechens und COVID-19 einfach nur als “anwesend” getestet wurde. Das ist wichtig, um die effektive Mortalität des Virus einschätzen zu können. Wäre sie extrem gering, könnten wir viel ruhiger schlafen. Würden aber alle Tode auf COVID-19 positiv getestet (siehe oben!) und COVID-19 nicht todbringend, würde das Virus völlig überschätzt – was natürlich medial vielleicht sogar wünschenswert ist, damit sich die Politik positiv in Szene setzen kann. Aber das ist eine andere Geschichte.

Banal verglichen: Wenn man bei einem Toten feststellt, dass er z.B. ein Ekzem hat, würde man ja auch nicht behaupten, dass er daran gestorben ist. Bei COVID-19 könnte dieser Trugschluss aber passiert sein. Man möge mich korrigieren!

Auch zu beachten ist die Tatsache, dass ein an COVID-19 gestorbener Mensch alle vorherigen Phasen mit der entsprechenden – zu seinen Ungunsten ausgefallenen – Wahrscheinlichkeit hat durchlaufen müssen.

Er wäre also (im schlimmsten Fall):
a) Teil einer besonders bedrohten Bevölkerungsschicht;
b) zur falschen Zeit am falschen Ort;
c) Teil der 20%, bei denen das Virus sich gesundheitlich signifikant äussert;
d) Teil jener x%, welche sogar in ein Spital eingewiesen werden müssen;
e) Teil jener, welche gesundheitlich vorbelastet sind;
f) Teil jener x%, für die es keine notwendigen Behandlungsmittel (mehr) gibt;
g) Teil jener >90% Bevölkerungsschicht, welche an ihren Krankheiten sterben.

Nun kann man rechnen (meine Annahmen, Fakten willkommen):
a = 20%
b = 50%
c = 20%
d = 10%
e = 30%
f = 10% (steigend?)
g = 90%

Multipliziert ergibt dies 0.0054%. Auf 8’500’000 Bewohner der Schweiz sind das 459 Tote. Das sieht mir nicht nach einer Über-Mortalität aus.


Fazit

Es gibt viele Stellschrauben an denen man drehen könnte – wenn die Zahlen vorliegen würden. Flächendeckende Massnahmen wären damit nicht nötig. Aber eben wie so oft, wenn man keine Daten hat, schiesst man mit der grossen Kanone. Vielleicht wäre aber auch der chirurgische Eingriff möglich?

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Markus M. Müller
Markus M. Müller (genannt “MMM”): wohnhaft im Aargau, ab 1974 aufgewachsen im Fricktal, beeinflusst von der Inner- und Ostschweiz, studierte IT-, Medien- und Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen (HSG) ist selbständiger Informationsmanager und Unternehmer. Er leistet Dienst als Generalstabsoffizier in der Schweizer Milizarmee. Er bezeichnet sich als “konservativen, libertären Bürger” und ist in verschiedenen sicherheitspolitischn Vereinen aktiv. Interessen: Geo- und Sicherheitspolitik, Währungsfragen, Gold/Silber, C4ISR, Medienpolitik.
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