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Fünf Jahre Frankenschock – Wie der SNB-Negativzins die Schweizer Aktienkurse beeinflusst hat

Frontseite der Financial Times vom 16. Januar 2015 – dem Tag nach dem SNB-“Frankenschock”. Bild: cash

Nicht eine, sondern zwei Massnahmen erschütterten am 15. Januar 2015 die Schweiz und die internationale Finanzwelt. Der unmittelbare Schock war die Aufhebung der Kursuntergrenze zum Euro, welche die Nationalbank seit 2011 bei 1,20 Franken verteidigt hatte.

Was Märkte, Anleger und vor allem Sparer erst mit der Zeit so richtig zu spüren begannen, war die Einführung des Negativzinses bei -0,75 Prozent. Damit will die SNB bis heute weltweit die Spekulanten vor der Flucht in den Franken abschrecken.

Beide Massnahmen, die an jenem denkwürdigen 15. Januar 2015 beschlossen wurden, wirkten sich sofort auf die Aktienmärkte aus. Noch am selben Tag fielen die Kurse ins Bodenlose. Der Swiss Market Index verzeichnete vor fünf Jahren mit einem Tagesverlust von 8,7 Prozent den zweitschlechtesten Tag seiner Geschichte.

Klar, der einzige Treiber sind Frankenstärke und Negativzinsen in den vergangenen fünf Jahren nicht gewesen. Aber sie prägten das Geschehen. Exportfirmen mussten sich an einen nachteiligeren Wechselkurs gewöhnen, während vor allem Finanzunternehmen eine Antwort auf die sehr tiefen Zinsen finden mussten.

Kapital fliesst weiter in die Schweiz

Fünf Jahre nach den Ereignissen vom Januar 2015 zeigt sich: Industrielle Mid und Small Caps haben an der Börse letztlich profitiert – zumindest jene, die über sehr stabile Finanzen und ein effizientes Geschäft verfügten. Das zeigt eine Auswertung von cash.ch mithilfe von Bloomberg-Daten (siehe nachfolgende Tabelle).

Aus diesem Segment gehören Lagerlogistiker Interroll und Kardex zu den zehn bestperformenden Aktien der letzten fünf Jahre. Kardex etwa erwirtschaftete 2018 drei Viertel des Umsatzes in Europa, muss also permanent mit einem ungünstigen Wechselkurs leben.

Aber die Firma hat wie viele ihre Effizenz nochmals enorm steigern müssen – was so ein Unternehmen wiederum für Aktieninvestoren attraktiv macht. Der Kurs von Kardex ist seit 2015 fast kontinuierlich angestiegen, mit Ausnahme der tiefen Delle, welche das krisenhafte zweite Halbjahr 2018 fast allen Aktien zufügte.

Top und Flop der Schweizer Aktien seit dem 15. Januar 2015

Daten: Bloomberg / Stand: 14. Januar 2020, 10.15 Uhr

Die Tabelle zeigt aber auch, dass vor allem Superqualitätsaktien enorm zugelegt haben, also Firmen mit einem sehr soliden Geschäftsmodell, guten Erträgen und Cashflows sowie sehr konkurrenzfähigen Produkten. Das sind der Bankensoftwarespezialist Temenos, der Zahntechniker Straumann, der Peripheriegerätehersteller Logitech, der Bauchemiekonzern Sika oder der Pharmazulieferer Lonza.

Solchen Firmen können Minuszinsen nicht gross etwas anhaben, und mit dem starken Franken haben sie gelernt zu leben. Sie leiden, wenn, dann unter einem anderen Phänomen: Anleger haben so viel Geld in ihre Papiere gesteckt, dass diese mittlerweile recht teuer geworden sind. Denn eine Folge der Tiefzinspolitik sind auch der Anlagenotstand und hoch bewertete Aktienmärkte, wie sie im Moment überall beobachtet werden und wie sie auch mehr und mehr Anlegern Bauchschmerzen bereiten.

Einer gewissen Ironie entbehrt es indessen nicht, dass die allerbeste Aktie seit 2015 jene der Schweizerischen Nationalbank ist. Die Zentralbank gehört zwar mehrheitlich der Eidgenossenschaft und den Kantonen, aber ein Viertel der Aktien ist an der Börse handelbar. Anleger schätzen das SNB-Papier, weil es Eigenschaften einer Obligation haben soll – und sie schätzen es so sehr, dass sich der Kurs vervierfacht hat. Die SNB selbst hat die Grundsituation mitgeprägt, die ihre Aktie so beliebt gemacht hat.

Bankaktien spüren Veränderungen deutlich

Die schlechtesten Aktien der letzten fünf Jahre eint ein Punkt mit den besten: Ihre Performance ist nur sehr bedingt vom Devisen- und Zinsgeschehen abhängig. Zwar lässt die lockere Geldpolitik weltweit massiv Geld in Aktien fliessen. Aber kleine Biotechfirmen und kleine und wenig bekannte Finanzunternehmen profitieren davon nicht.

Sie sind spekulativ getrieben und ihre Kurse sind entsprechend volatil. So haben eine forschende Firma wie Relief Therapeutics, ein Vermögenverwalter wie LumX oder ein krisengeschüttelter Backwarenkonzern wie Aryzta in fünf Jahren fast ihren ganzen Börsenwert eingebüsst.

Entwicklung von Bank- und Finanz-Aktien seit dem 15. Januar 2015 (Auswahl)

Daten: Bloomberg / Stand: 14. Januar 2020, 10.15 Uhr / cash.ch

Einen stärkeren Einfluss hatten die atemberaubenden Entscheidungen des Nationalbankdirektoriums vom 15. Januar 2015 auf Bankaktien. Viele von ihnen sind stark im Zinsgeschäft verankert und erwirtschaften einen gehörigen Teil des Ertrags aus der Differenz zwischen den Zinsen, die sie selber am Markt zahlen müssen, und den Zinsen, die sie Kunden für Kredite verrechnen. Da wirkt ein Absinken des Zinsniveaus natürlich negativ.

Dies erklärt, weswegen Institute wie die Basellandschaftliche und die Graubündner Kantonalbank de facto keinen Kursgewinn im Vergleich zum Januar 2015 aufweisen. Andere stark bei Hypotheken und Krediten engagierte Banken wie die Berner Kantonalbank oder die Valiant-Gruppe haben ihren Börsenwert nicht stark gesteigert. Diese Banken und deren Aktionäre wird mit Sorge erfüllen, dass die Leitzinsen aller Voraussicht nach noch für Jahre negativ sein werden.

Private Banking läuft – bei einigen

Besser erging es Kantonalbanken, die ein grösseres Vermögensverwaltungsgeschäft haben und dort in einem lukrativen Markt unterwegs sind: Die Genfer, Zuger und Waadtländer Staatsinstitute sind Beispiele dafür. Wer wie die Banque Cantonale Vaudoise noch viel Dividende entrichtet, ist bei den Aktionären in einer besonders guten Position und wird auch weiter ein attraktives Investment bleiben.

Während die Bank Vontobel mit einem ausgedehnten Asset Management ebenfalls elegant um die schlimmsten Folgen der Negativzinsen herumkommt, hatten Julius Bär und die Grossbanken das Nachsehen. Obwohl sie schwergewichtig Vermögensverwalter sind, spüren sie den starken Franken aufgrund ihres nach wie vor grossen in der Schweiz konzentrierten Geschäfts.

Dass UBS und Credit Suisse die dritt- und zweitschlechteste Bankaktie seit 2015 sind, hat verschiedene Gründe: Rechtsfälle, Kapitalerhöhungen, Marktturbulenzen, Regulierung und komplexe Konzernstrukturen gehören dazu. Aber die beiden Banken würden nicht – trotz eines grosszügigen Freibetrags, den die SNB gewährt – ihren Kunden heute Negativzinsen für Barvermögen abzwacken, wenn sie die Zinslage nicht auch beträfen. Amerikanische Grossbanken, die in ihrem Land keine Negativzinsen kennen, haben ihre Aktienkurse markant steigern können: Die Citigroup beispielsweise ist fast zwei Drittel mehr Wert als Anfang 2015.

Am Ende gibt es aber auch wahre Gewinner im Schweizer Markt: Cembra als Kleinkreditbank profitiert klar von den sehr tiefen Zinsen. Auch dieser Titel ist über die Jahre fast nur angestiegen. Und die Zuger Partners Group ist bei finanziell potenten Anlegern gerade wegen des Tiefzinsumfelds seit Jahren sehr gefragt: Sie ermöglicht Privatmarktinvestitionen, die eine Alternative zu tiefzinsgeplagten Investments wie Obligationen oder dem mittlerweile hoch bewerteten Aktienmarkt bieten.

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