Das Thema der “Abstimmungs-Arena” im Schweizer Fernsehen war „Gefährdet die Gold-Initiative die Handlungsfreiheit der SNB“? Unser Blog versucht seit drei Jahren zu vermitteln, dass die SNB ihre Handlungsfreiheit im Sinne der Einhaltung der Preisstabilität schon im September 2011 verloren hat, als sie den Euro-Mindestkurs einführte. Der Blog erklärt auch, warum der Euro unter 1.20 fallen muss, wenn sich die SNB für die Preisstabilität entscheidet.
Das bevorstehende Goldreferendum findet international extreme Beachtung. Weil unser Blog sowohl die Erklärungen der SNB-Bilanz als auch die Entwicklungen des Goldpreises erklärt, findet er bei Investoren weltweit starke Beachtung (siehe auch Twitter-Follower).
Der Blog hat sich bisher darauf beschränkt, auf Englisch den Investoren (“dem Geld”) und möglicherweise einigen wirtschaftlich visierten Journalisten die Zusammenhänge zu erklären (z.B. Link zu George Dorgan’s Präsentation bei der CFA Society). Seitdem aber kürzlich einige Finanzzeitungen und Blogs wie „Finanz und Wirtschaft“ , „Handelszeitung“ , „Never mind the Markets“ und die Exporteur- und Banken-Lobbyisten NZZ und Urs Birchler’ Batz (beim Batz-Beitrag beachte auch den Kommentar von Stefan Wiesendanger) versucht haben zu polarisieren und das Votum zu beeinflussen, ist für uns nun Zeit es auch “den Menschen” und auf Deutsch das Referendum zu erklären und diese Polemik zu entlarven.
Gruppe 1)
In Finanzsachen unbedarft: Gold steht für Sicherheit und Reichtum. Es besteht eine Angst vor Schulden nach den Erfahrungen mit der Finanzkrise. Diese Gruppe wählt eher Ja (siehe auch die letzte SRF-Umfrage). Viele dieser Gruppe haben verstanden, dass Gold vor dieser Verschuldung und Inflation schützt.
Der Gewerkschaftsökonom Daniel Lampart ist der Widerspruch an sich. Er teilt die gleiche Meinung wie die Arbeitgeber (Gruppe 2). Er scheint aber zu verkennen, dass seine Klientel, nämlich die Lohnempfänger und Geringverdiener durch steigende Preise für Mieten und Lebensmittel bisher keine grossen Vorteile vom “starken” Franken hatten. Derselbe Lampart, der noch 2011 einen Euro-Mindestkurs von 1.40 forderte, der unweigerlich in noch höhere Mieten und Inflation gemündet hätte, scheint einerseits von der unendlichen Stärke der Zentralbanken überzeugt zu sein und andererseits einem (möglicherweise Mundart-induzierten) schweizerischen Minderwertigkeitskomplex geprägt zu sein, in dem Sinne, dass Schweizer nicht innovativ und nicht „hard-working“ wären. Genauso mag er von Europäischen Gewerkschaftsvertretern als egoistisch oder nationalistisch bezeichnet werden, weil die Schweiz durch den Mindestkurs Arbeitslosigkeit auf den EU-Raum beschränken will.
Gruppe 2)
In Finanzsachen einigermassen visiert und die sogenannten “Finanzexperten“. Diese Gruppe ist mit der Schweizerischen Nationalbank auf einer Linee, wenn es um den Euromindestkurs geht. Es gilt schliesslich darum “Arbeitsplätze in der Schweiz zu sichern”. In dieser Gruppe sehen einige ihre Arbeitsplätze durch die andauernde Immigration von hochqualifiziertem Personal oder durch das Outsourcen von Tätigkeiten, z.B. im Bankenbereich, gefährdet.
Viele dieser zweiten Gruppe besitzen Schweizer Aktien, die durch ein Ja-Votum an Wert verlieren würden. Die meisten haben verstanden, dass ein Ja zum Goldreferendum ein Ende der Euro-Untergrenze bedeuten würde. Diese Gruppe wählt eher Nein.
Gruppe 3) Die „Gold Bugs“:
Diese Gruppe nimmt, basierend auf den Thesen der österreichischen Schule, an, dass nach dem Aufblähen der Notenbankgeldmenge der Zentralbanken früher oder später die grosse globale Kredit- und Preisinflation und der Zusammenbruch der Geldsysteme stattfinden wird. Gold Bugs denken oft, dass der Euro genau wie der Dollar seit 1970 seinen Wert verlieren wird, und dass nur Gold ihn behalten wird. Mit der Bindung an den Euro gehört der Franken auch zu diesen „Fiat“-Währungen. Auch nehmen sie an, dass die USA und Südeuropa prädestiniert für Inflation und Schulden und die Schweizer von der Mentalität anders sind. Die Bindung an den Euro und die Inflationsländer würde es früher oder später zu einem Zusammenbruch der Nationalbank führen (so auch Marc Meyer im Inside Paradeplatz). Diese Gruppe wählt Ja.
SNB-Präsident Thomas Jordan gehörte 1999 zwar nicht zu den Gold Bugs, aber er erklärte, dass die Schweiz sich nicht an den Euro binden sollte, da früher oder später die gleiche Inflation entstehen und die Schweiz ihren Vorteil niedriger Zinssätze und Finanzierungskosten verlieren wird (Link zum Paper).
Gruppe 4) Monetaristen und die Anhänger der österreichischen Schule, die nicht mit dem Kollaps der Geldsysteme rechnen.
Sie führen an, dass die SNB ihren Auftrag Kreditblasen zu vermeiden durch den Mindestkurs nicht mehr nachkommen kann. Auch widerspiegelt die heutige Preisinflation nicht die kommende Preisinflation, die durch Schuldeninflation ausgelöst wird.
Die SNB verletzte explizit ihr geldpolitisches Mandat, insofern dass “Zinsen nicht zu lange zu niedrig” bleiben dürfen, da es (laut Mandat und auch in der Realität) zu Assetblasen kommt. Die SNB entgegnet diesem starkem Vorwurf mit dem antizyklischen Kapitalpuffer, der die Immobilienblase bekämpfen soll.
Wenn der Euro bei 1.20 bleiben sollte, dann hätte die SNB die Souveränität über die Geldpolitik verloren. Auch sei der antizyklische Kapitalpuffer auf den Immobilienmarkt beschränkt, Investitionsblasen könnten auch anderswo entstehen. Laut dem Starökonom Roubini könne dieser Puffer lediglich Bankenkrisen aber keine Immobilienblasen verhindern.
Die Gruppen 3 und 4 beschuldigen die Nationalbank, dass sie die Schweiz in den Euro, in ein Platzen der Immobilienblase oder möglicherweise in beides gleichzeitig zu führen. Ein Experte, der dieser vierten Gruppe angehört, ist Professor Janssen, emeritierter Professor der Uni Zürich. Er erinnert an die extreme Geldmengenausweitung der SNB. Prof Wyplosz erklärt warum die SNB die Kontrolle über Preisstabilität verloren hat.
Prof. Janssen denkt, dass die SNB eine „managed currency appreciation“ zulassen sollte bzw. irgendwann wird, z.B. einen 1 bis 2% stärkeren Franken pro Jahr. Einige der Gruppe 4 sind der Überzeugung, dass der Franken schon jetzt zu schwach sei und die Exportwirtschaft zuungunsten der Menschen, insbesondere die der niedrigen Lohngruppen, unnötig profitiere. Mit der Einführung des Mindestkurses 20% über dem Marktkurs im Sommer 2011, habe die SNB die einfache Regel „Buy Low“ für Zentralbankinterventionen verletzt.
Im Gegensatz zu den Gold Bugs denken einige der vierten Gruppe, dass die nächste grosse Inflation möglicherweise nicht in den typischen Inflationsländern wie den USA oder Südeuropa stattfinden wird, sondern in den Staaten mit niedriger Arbeitslosigkeit wie Deutschland oder der Schweiz. Dies bedeute eine Wiederholung der 6% Schweizer Inflation von Anfang der Achtziger oder ein Platzen der Immobilienblase wie in den Neunzigern.
Die vierte Gruppe wählt meist Ja, wobei einige sich die Frage stellen, ob die harte 20% Mindestquote für Gold Sinn macht. Auch ist zu beachten, dass der Goldanteil der SNB-Bilanz in den Neunzigern über 40% war und es trotzdem zu Inflation und einer Immobilienkrise kam. Damals wurden allerdings die hohen Zinsen der SNB dafür verantwortlich gemacht.
Jean-Pierre Danthine, der Vizepräsident der Nationalbank gehört unserer Meinung nach, auch zu dieser vierten Gruppe, dazu
Danthine’s „Credit, is the sky the limit?“ oder
Danthine: SNB would end franc cap once it raises interest rates
In den letzten Jahren aber, haben Privatpersonen in den USA, in Südeuropa und seit kurzem auch in vielen Schwellenländern Schulden reduziert bzw. aufgehört sich durch Antizipieren zukünftiger Einkommen zu verschulden. Dieser Trend wirkt der Ausweitung der Geldmenge der SNB und anderer Notenbanken entgegen. Das massive Warenangebot aus China, das auch durch die globale Geldmengenausweitung geschaffen wurde und das nun billigere Öl, üben einen Abwärtstrend auf importierte Waren aus. Billigere und bessere Technologie lässt auch Schweizer Produktion im Preis sinken. Nahrungsmittel, Mieten und sogar Preise der dauernd über den starken Franken klagenden Hotel- und Restaurantbesitzer aber steigen im Preis, während Importwaren weiter sinken.
Im Gegensatz zu anderen Ländern steigt in der Schweiz sowohl die reale Geldmenge (M1-M3) als auch die Kreditmenge rasant an. In anderen Ländern ist es nur die Notenbankgeldmenge (M0), die nicht zu Preisinflation führt, solange sie nicht in M1-M3 reflektiert wird.
Auch viele Experten der deutschen Bundesbank sind ständig besorgt über die Inflationsgefahren. Die dauernden Streiks im Flug-und Bahnverkehr in Deutschland und die 5% Lohnforderungen der Lokomotivführer sind einige Beispiele für die kommenden Inflationsgefahren in Deutschland, die durch die Phase der globalen Schuldenreduktion nur aufgeschoben aber nicht aufgehoben ist..
Prof. Janssen denkt, dass der Entscheid für die Goldinitiative der SNB die Möglichkeit gibt über fünf Jahre Euros oder Dollar zu verkaufen [Anmerkung, Dollar-Gewinne zu realisieren] und damit Gold zu kaufen. Mehr Gold in der Bilanz würde eine disziplinierende Wirkung auf die SNB haben. Natürlich kann der Euro-Mindestkurs dabei nicht beibehalten werden, was das potentielle Problem des „unverkäuflichen Gold“ lösen würde.
Auch viele Anhänger der Gruppe 2 aber auch die Initianten haben verstanden, dass seit kurzem das Goldreferendum eine Abstimmung über den Euro-Mindestkurs geworden ist.
Hier ein virtueller Schlagabtausch der Argumente zwischen Thomas Jordan und George Dorgan. Er erklärt unter anderem warum Gold im letzten Jahrzehnt so volatil war.
Wir denken, dass die Dinge noch ein wenig komplexer sind als diese vier Gruppe verstanden haben.
Dazu eine Einführung hier : Warum verkaufte the SNB das Gold zu so billigen Preisen? Dummheit?
und hier: QE, QEE, the Money Multiplier and the Secular Stagnation Confusion
Regulierung und Staatsintervention kann nur durch noch mehr Regulierung und Staatsintervention gelöst werden. Wer heute in einer Schweizer Bank arbeitet, versteht diesen Satz tag-täglich.
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